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Ausgabe 115 (QII:2024): Aushandlungsprozesse

Haben Sie auch das Gefühl, dass wir aktuell wieder verstärkt (und unbedingt nicht nur allein, sondern miteinander) darüber nachdenken müssen, welche Formen der Aushandlung von Interessenkonflikten wir für legitim halten? Ich habe in den vergangenen Wochen wiederholt festgestellt, dass es - natürlich jenseits von physischer Gewalt - Formen der Meinungsäußerung gibt, die mir solange legitim erscheinen, wie sie der Untermauerung meiner eigenen Position dienen. Beobachte ich sie aber bei Menschen, deren Meinung ich nicht teile, macht sich in mir Empörung breit, stelle ich mir die Frage, ob das noch tolerierbar sein sollte. Inzwischen scheint mir die Frage, welche Form der Meinungsartikulation ich auch dieser "anderen" Seite (die Anführungsstriche sollen deutlich machen, dass ich keine Freundin solcher polaren Zuordnungen bin) zugestehe, ein wichtiger Prüfstein. Und so kommt zu dem in meinem letzten Editorial gewünschten besseren Zuhören gerade bei abweichenden Positionen jetzt ein weiterer Wunsch in Bezug auf unseren Umgang miteinander hinzu: Der nach eben diesem prüfenden Perspektivwechsel, ehe wir eine Meinungsäußerung beurteilen. So ein Vorgehen, wenn es aufrichtig gemeint ist, scheint mir auch dabei hilfreich, ehrliche Überzeugung von jenem funktionalen Populismus zu unterscheiden, der unsere Debatten aktuell so oft vergiftet. Auch in diesem Heft haben wir uns wieder bemüht, ihm kleine Nachdenkräume entgegenzusetzen, die den Blick auf echte Argumentation, ernstgemeintes Engagement, guten Diskurs und wichtige gesellschaftliche Themen lenken und für einen fairen Austausch darüber plädieren - in Rostock und darüber hinaus.

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