Das war der Anlaufpunkt am 20.10.2021
Beim letzten Anlaufpunkt klagte ein Teilnehmer über Probleme mit dem Jobcenter. Es zeigte sich mal wieder wie absurd und rückständig die SGB II Gesetze sind. Zudem fiel eine Sachbearbeiterin wiederholt durch besonders ekelhaftes Verhalten auf.
Folgendes hatte sich zugetragen: Bei einem Termin im August bat der Betroffene um einen Bildungsgutschein für eine Umschulung. Die Sachbearbeiterin vergriff sich nicht nur im Ton, sondern lehnte diesen auch noch kategorisch ab. Stattdessen beschimpfte sie den Betroffenen als Lügner, als dieser ihr erklärte, dass er kaum passende Stellen gefunden hatte und daher nur wenige Bewerbungen vorweisen konnte.
Außerdem lehnte die Sachbearbeiterin die Umschulung u.a. mit der Begründung: „ich muss sie sowieso erst mal zum Psychologen schicken, woher soll ich denn wissen, ob bei ihnen alles in Ordnung ist!“ ab.
Damit nicht genug forderte sie den Betroffenen auf an einer SINNLOSEN einwöchigen Bewerbungscoaching Maßnahme teilzunehmen. Obwohl der Betroffene nachweislich über die Fähigkeiten aller dort angegebenen Inhalte verfügte und schon eine ähnliche Maßnahme absolviert hatte.
Daher gab der Betroffene keine Zusage für diese SINNLOSE Maßnahme. Daraufhin fing die Sachbearbeiterin mit Erpressungsversuchen an und drohte mit Sanktionen. Als sie merkte, dass dieses nicht funktionierte, versuchte sie es argumentativ und erklärte, dass die DIN-Normen sich ja ständig verändern und es wichtig ist dort auf dem laufendem zu bleiben. Nachdem der Betroffene ihr klar machte, dass dies kein plausibles Argument ist, versuchte sie es mit einem freundlichen Ton. Und sagte: „Das ist eine Woche, das schaffen sie.“ Nur konnte oder wollte die Sachbearbeiterin danach ein schadenfreudiges Kichern nicht unterdrücken. An dieser Stelle sei noch mal lobend erwähnt, dass der Betroffene trotz aller Provokationen und Unterstellungen verhältnismäßig ruhig geblieben ist.
Daraufhin übergab die Sachbearbeiterin eine bereits vor dem Gespräch ausgedruckte Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt. Hier wurde die Teilnahme an dieser SINNLOSEN Maßnahme schriftlich festgehalten, andernfalls sei eine 30%ige Sanktion fällig.
Daraufhin beendete der Betroffene das Gespräch und erklärte noch mal, dass er sich nicht erpressen lässt und das ja wirklich unverschämt ist.
Wir als Solero haben schon öfter mit ähnlichen Fällen zu tun gehabt und können kaum fassen, dass nach 16 Jahren Hartz IV so etwas immer noch möglich ist. Und es schon ein Fortschritt sein soll, dass immerhin 100%ige Sanktionen verboten wurden. Obwohl das Hartz IV System die Würde der Menschen angreift, unternimmt die Politik nichts dagegen. Da es wohl wichtiger zu sein scheint die Arbeitslosenzahlen zu frisieren und den Billiglohnsektor zu subventionieren.
Auf jeden Fall legte der Betroffene Widerspruch gegen diese Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt ein. Nachdem die Rechtsabteilung des Jobcenters diesen prüfte, behauptete die Sachbearbeiterin auf einmal die Umschulung nicht abgelehnt zu haben. (In Wirklichkeit hatte sie das. Es ging der Sachbearbeiterin nur darum, den Betroffen aus der Statistik rauszubekommen und mit einer SINNLOSEN Maßnahme zu schikanieren, an einer Wiedereigliederung in den ersten Arbeitsmarkt hatte die Frau niemals Interesse).
Hinterhältigerweise sagte die verlogene Sachbearbeiterin nun, die Umschulung bloß zu diesem Zeitpunkt abgelehnt zu haben und wusste genau mit welchen Tricks sie sich da rausreden kann.
Hier sei nochmal erwähnt, dass die Sachbearbeiterin nur ihre Arbeit macht und auch unter Druck steht. Es gibt auch Behördenmitarbeiter:innen die wirklich versuchen im Interesse der Menschen zu handeln, die versuchen eine passende Beschäftigung zu finden.
Aber in diesem Fall ist es nicht so. Es ist ungeheuerlich, was für Sprüche sich der Betroffene anhören musste. Auch die Art und Weise wie die Sachbearbeiterin sich (legitimiert durch das SGB II) immer wieder artikulierte war äußerst diskriminierend, die Frau geilte sich richtig an ihrer Macht auf und war immer auf der Suche nach den fiesesten Maßnahmen und Stellen.
Besonders widerwärtig ist dann, mit welch einer Scheinheiligkeit die Sachbearbeiterin sich in Gegenwart von Sozialarbeiter:innen oder der Rechtsabteilung rauswindet und behauptet sie redet auf Augenhöhe mit den Leuten und versucht nur in deren Interesse zu handeln.
Im weiteren Verlauf antwortete die Rechtsabteilung des Jobcenters, dass die Umschulung doch gar nicht abgelehnt wurde… . Bezüglich der SINNLOSEN Maßnahme kam die Antwort, dass die Maßnahme doch gar nicht sinnlos sei und nicht gegen Grundrechtrechte verstoße. Die Maßnahme sei dazu gedacht um „Motivation und Durchhaltevermögen abzuklären“. Daher sei diese Erpressungsnummer legitim.
Selbstverständlich nahm der Betroffene dieses nicht hin und ging weiter vor das Sozialgericht. Die zuständige Richterin teilte per Beschluss mit, dass, auch wenn der Betroffene über die in der Maßnahme angebotenen Fähigkeiten verfüge, eine Auffrischung trotzdem sinnvoll und zumutbar sei.
Außerdem lehnte sie den Prozesskostenhilfeantrag ab und entschied, dass der betroffene ALG-II-Empfänger die Prozesskosten selbst zahlen muss. (Somit ist für den Betroffenen eine Beschwerde vor dem Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern nicht mehr möglich).
Wir alle sind über diese absurde Aussage und das Verhalten der Behörden äußerst schockiert. Daher unterstützen wir die Entscheidung des Betroffenen diese Maßnahme zu boykottieren. Da die Menschenwürde unserer Meinung nach wesentlich mehr wert ist als 130 € im Monat!
Glücklicherweise ist der ursprüngliche Plan der Sachbearbeiterin, die Umschulung hinterhältig zu sabotieren und eine SINNLOSE Maßnahme zu erzwingen, nicht aufgegangen.
An dieser Stelle möchte ich noch mal, erwähnen wie wichtig die Arbeit von SoLeRo und allen anderen Unterstützernetzwerken ist. Da viele andere Transferleistungsempfänger:innen nicht so taff sind und sich (aus Scham oder Angst) solche Erpressungen gefallen lassen. Auch verfügt nicht jeder über das Wissen oder die finanziellen Möglichkeiten, um einen Rechtsstreit zu führen.
Daher gilt: Solange es noch Hartz IV Sanktionen geben wird, gibt es für alle Aktivist:innen und Politiker:innen die etwas daran ändern wollen noch eine Menge zu tun.
Quelle Bild: ZDF Magazin Royale