Brinckman-Brunnen: "Erhalt der Kastanie und der Esche"
Am März 2018 beginnt ein kleines Projekt zur Umgestaltung des John-Brinckman-Brunnens am Weißen Kreuz seinen parlamentarischen Lebensweg in Rostock.
Als Ziele der Umgestaltung werden der Ersatz der gebrochenen Betonplatten, sowie die verbesserte
Wegführung für den Radverkehr genannt. Eingriffe in den Baumbestand finden in dieser ersten
Ankündigung des Vorhabens keine Erwähnung.
Zu diesem Zeitpunkt sah die Begrünung des Brunnens folgendermaßen aus:
Bildquelle: Geoportal Rostock
Nach der Zustimmung der Bürgerschaft zu diesem Vorschlag folgte die Präzisierung der Aufgabenstellung zur Umgestaltung (Anlage Aufgabenstellung):
Ziel der Planung ist es, die Aufenthaltsqualität des Platzes für Anwohnerinnen und Anwohner zu erhöhen, so dass der Brunnen verstärkt als kulturelles Erbe wahrgenommen werden kann und der Platz als ein Zentrum des Stadtteils zur Wirkung gelangt.
Und bezüglich des Erhalts des umgebenden Baumbestands:
Berücksichtigung des vorhandenen Baumbestandes im Planungsbereich und Erarbeitung von Lösungen zum Erhalt der betroffenen Bäume in Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde
Im Juni 2020 (kurz vor Beginn der Baumaßnahmen) wird der Planentwurf im Ortsbeirat Brinckmansdorf vorgestellt. Die Vortragenden sind Herr Fröhlich vom Amt für Verkehrsanlagen, sowie ein Mitarbeiter des Planungsbüros. Bezüglich des Baumbestands findet sich lediglich folgende Formulierung:
Erhalt der Kastanie und der Esche
Selbst die naturverbundenen Anwohner*innen können bisher also keinen Anlass zur Klage entdecken.
Die Realität der Baumaßnahme sieht jedoch leider deutlich anders aus:
Blaue Kreise markieren Bäume vor Beginn der Baumaßnahme, rote Kreuze markieren gefällte Bäume. Der Baum nahe der Kreuzung wurde erst im späteren Verlauf der Baumaßnahmen gefällt - eventuell wurde er während der Bauarbeiten beschädigt oder destabilisiert.
Im Nachhinein hätte der folgende Punkt des Planentwurfs dem kritischen Beobachter vielleicht schon zu denken geben sollen:
Durch die Umgestaltung soll eine verbesserte Sichtweise auf den Brunnen entstehen.
Die Fällung der Bäume an sich ist natürlich bereits mehr als fragwürdig, da es sich hier um eine Kreuzung mit sehr hoher Verkehrsbelastung handelt und die angrenzenden Wohnblöcke nun ihres ohnehin nur partiellen Schutzes vor Feinstaub, Lichtverschmutzung und Lärm beraubt sind. Dies entspricht nicht dem häufig beschworenen Ziels der Grünen Stadt Rostock.
Auch im Sinne des Klimaschutz - in Abwägung mit der angestrebten Verbesserung der Radwegführung - hätte es sicherlich Alternativen zur Fällung der Bäume gegeben.
Zudem wurde in diesem Fall jedoch selbst den interessiertesten Anwohner*innen durch die beschönigende und irreführende Informationspolitik jede Möglichkeit verwehrt, sich konstruktiv in die Umgestaltung ihres Wohnumfelds einzubringen. Rostocks jüngst beschlossener Leitfaden für mitgestaltende Bürgerbeteiligung ist zwar durchaus schwach in manchen Details, aber die Information der Betroffenen gilt unstrittig als die absolute Mindestvoraussetzung für einen respektvollen Umgang zwischen Verwaltung und Stadtbevölkerung. Irreführung durch Auslassung unbequemer Details mag zwar ein effektives Mittel sein, um ohne Widerstand vollendete Tatsachen schaffen zu können - ein akzeptables Vorgehen ist es aber keinesfalls.
Nachtrag: Hannes Rother beschreibt in seinem Kommentar, dass bei einzelnen Sitzungen über Baumfällungen diskutiert worden sei. Da es dafür keine öffentlich einsehbaren Belege zu geben scheint (Hinweise/Links sind als Kommentar herzlich willkommen), konnten die nicht-anwesenden Bürger:innen jedoch nicht erkennen, dass Fällungen zur Diskussion stünden.