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Soziales Rostock

In den Rostocker Stadtteilen Dierkow und Toitenwinkel gibt es zwei Stadtteilbegegnungszentren (SBZ). Diese werden an anderer Stelle neu gebaut. Bisher sehen die Planungen der Stadt einen Abriss vor. Der Verein Soziales Rostock möchte einen Abriss verhindern und in mindestens einem der Gebäude, bevorzugt in Toitenwinkel, eine Nachnutzung erwirken.

Soziales Rostock e.V. hat sich im Frühjahr 2015 gegründet und bildet das Dach der Initiative. Wir sind Menschen aus Rostock, explizit aus Toitenwinkel, der Innenstadt und auch anderen Stadtteilen, die eines der bald leer stehenden SBZs beleben möchten. Unsere Kerngruppe besteht aus 20 engagierten Menschen mit unterschiedlichen Kompetenzen und Ressourcen. Es gibt vielfältige Ideen mit denen sich Gruppen, Einzelpersonen, Vereine und andere Initiativen beschäftigen. Viele Ideen benötigen Räume. Und in Toitenwinkel und Dierkow wird es bald sehr viele freie Räume geben (ca. 2.300m² je Gebäude).

Beide Häuser bieten Räume für gemeinschaftliches Wohnen, für Politik, Kunst und Kultur. Geplant werden auch Nachbarschaftsprojekte, Räume für Sport, politische Bildung, Sozialberatung, Räume für antirassistische und interkulturelle Initiativen, Genderprojekte, ökologische Projekte und Gärten. Unsere Wohngruppe besteht bisher aus 16 interessierten Wohnparteien zwischen 18 und Mitte 50 Jahren, aus Familien und Singlehaushalten.

Platz wäre auch für Projekte der solidarischen Ökonomie, Medienprojekte und Werkstätten. Auch Räume für Künstler/innen und günstige Vereinsräume sind denkbar. Das Haus soll selbstverwaltet betrieben werden. Es soll nicht in Konkurrenz zu den bisherigen Angeboten der SBZs und anderer Einrichtungen (Fischkutter, Outsider, Alte Schmiede) in den Stadtteilen Toitenwinkel und Dierkow stehen, sondern eine Ergänzung und gleichzeitige Bereicherung darstellen.

Unsere Initiative: ein Hausprojekt in Rostock-Nordost

Im Februar 2015 trafen sich über 50 Interessierte, die das Gebäude auf verschiedene Weise nachnutzen möchten. Seitdem haben über 100 Arbeitstreffen, Gespräche mit städtischen Ämtern und Bürgerschaftsfraktionen stattgefunden, um einen Plan zu erarbeiten, wie zumindest eines der beiden Häuser in ein Gemeinschaftsprojekt überführt werden kann. Grundsätzlich begreift sich das Hausprojekt als sozialpolitisch. Es ermöglicht Wohnen, Politik, Kunst, Kultur, Sport und Gewerbe. Es wird Wohnräume geben, Gemeinschaftsbüros, Seminarräume für Vereine und Selbständige sowie ein öffentliches Café und einen Laden in Form einer Einkaufsgemeinschaft für regionale Bio-Lebensmittel (Foodcoop). Auch Räume für eine Werkstattnutzung sowie Aufführungen (Kino, Theater) sollen geschaffen werden. Das Hausprojekt ist dynamisch und offen für Ideen und Mitmachende. Es orientiert sich am Prinzip der Selbstverwaltung. Es ist uns dabei ein Anliegen, uns mit den anderen gesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren in den Stadtteilen Toitenwinkel und Dierkow zu vernetzen, auch wenn unser Schwerpunkt auf einem gemeinschaftlichen Wohnprojekt liegt. Die einzelnen Nutzungen sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden.

Wohnen

Mit unserem Wohnprojekt soll niedrigpreisiger Mietwohnraum für neue Familien- und Wohnstrukturen geschaffen werden, die ein aktives Zusammenleben fördern. Das Konzept strebt eine gemeinschaftsorientierte, generations- und kulturübergreifende Konstellation an. Wir sind offen für verschiedene Lebensentwürfe sowie für Menschen unterschiedlicher Herkunft und sexueller Orientierung, für Menschen mit körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen sowie jeden Alters. Dieses Konzept richtet sich an Menschen, die Neues ausprobieren wollen. Barrierefreiheit und ökologisches Wohnen streben wir an. Diese Vision entspricht den Leitlinien zur Stadtentwicklung der Hansestadt Rostock, weshalb das Wohnprojekt lokalpolitisch mitunter sehr positiv gesehen wird.

Bildungs- und Wissensräume

Ein weiterer Teil der konzeptionellen Ausrichtung soll das Angebot von Bildungs- und Kulturveranstaltungen sein. Hiermit soll in den neuen Räumlichkeiten entsprechend den Leitlinien der Stadtentwicklung ein Beitrag zu einem „ganzheitlichen Bildungsansatz“ und umfassender kultureller Beteiligung auf unterschiedlichen Ebenen geleistet werden. Neben Seminaren, Theater- und Filmvorführungen soll es unter anderem musikalische, literarische wie performative Beiträge zu gesellschaftlichen Themen geben. Die vielseitigen Angebote sollen vorwiegend am Abend und an Wochenenden stattfinden und das bereits bestehende Angebot in Toitenwinkel synergetisch erweitern. Auch bietet das Haus Raum für ein Archiv zum Thema Rassismus/Antirassismus, welches auch von den bisherigen Initiativen, die sich mit dem genannten Thema auseinandersetzen, genutzt werden könnte.

Nachbarschaftliche Begegnungsräume

Das selbstorganisierte Café verbunden mit einem KüFA-Angebot (Küche für alle) soll als Anlauf- und Begegnungsstätte für bewusste Esskultur und als kommunikativer Treffpunkt für die Einwohnerinnen und Einwohner Toitenwinkels dienen.

Kleingewerbe

Im Erdgeschoss des Hauses soll eine Verteilstation für regionale und fair gehandelte Lebensmittel (Food-Coop mit Ladenverkauf) sowie ein ergänzender Spätkiosk eröffnen. Darüber hinaus wird ein bereits bestehender Betrieb für Handel mit Photovoltaikprodukten seinen Geschäftssitz in das Gebäude legen. Gemeinschaftsbüroräume sollen vermietet werden.

Individuelle Räume oder Co-Working Space zur Vermietung

In einem überschaubaren Umfang stellen wir Räume für Dritte zur Anmietung bereit. Bedarfe bestehen insbesondere bei Musikerinnen und Musikern bzw. Bands nach Proberäumen, aber auch für Vereine und selbstorganisierte Werkstätten.

Gedenken an Mehmet Turgut

Unserer Stadt eilt bis heute bundesweit ein Ruf voraus, der auf zwei schrecklichen, rassistisch motivierten Ereignissen beruht: dem brennenden Sonnenblumenhaus 1992 und der Ermordung von Mehmet Turgut durch den NSU 2004. Dieser Mord fand in Toitenwinkel in unmittelbarer Nähe des jetzigen SBZ statt. Es hat lange gedauert, bis ein Gedenkstein errichtet wurde, und es finden vereinzelt Gedenkveranstaltungen statt. Rassistische Einstellungen gibt es nach wie vor in Rostock, wie auch in anderen deutschen Städten. Doch nur wenigen deutschen Städten haftet ein derartiger Ruf der Fremdenfeindlichkeit an.

Wir möchten in Rostock-Nordost einen Gegenentwurf zu diesen fremdenfeindlichen Ausschreitungen ins Leben rufen. Unsere Initiative möchte vor Ort ein soziales und integratives Hausprojekt verwirklichen, in dem Toleranz, Offenheit und Miteinander als Grundwerte vorherrschen und gelebt werden. Wir setzen uns für die Freiheit und Gleichheit aller Menschen und ein solidarisches, demokratisches Miteinander ein. Wir möchten Raum erhalten, in dem Ausgrenzung und Diskriminierung keinen Platz haben. Wir wünschen uns im Haus antirassistische Initiativen und Aktionen als auch ein Archiv. Das Haus nach Mehmet Turgut zu benennen, wäre ein Zeichen des Gedenkens.

Soziales Rostock e.V. | Unsere Grundwerte und Ziele

Sozial handeln und wirtschaften – von der Konkurrenz zur Solidarität.

Besonderheit des Vorhabens ist die Verschränkung von Wohnen – Arbeiten – und Freizeit. Die neue Wohn- und Begegnungsstätte versteht sich nicht als Dienstleistungszentrum, in welchem diverse Aktivitäten angeboten werden sollen, sondern setzt auf das Modell „Wir gemeinsam mit Euch“.

Ökonomischer Realismus mit wohnlicher und gewerblicher Nutzung wird in unserem Konzept nicht zum Zwecke der Profitmaximierung betrieben, sondern zum Zwecke sozialer Zugewinne und einer höheren Lebensqualität für die Menschen innerhalb des Hauses und der Bevölkerung. Das Hausprojekt lebt daher von ideeller, finanzieller und praktischer Mithilfe.

Nachhaltig konsumieren – vom viel Haben zum guten Leben.

Nachhaltiger Konsum soll durch das Konzept vorgelebt und den Menschen im Rostocker Nordosten leichter zugänglich gemacht werden, und zwar insbesondere in den Bereichen Wohnraumverbrauch, Energieproduktion und Zugang zu preiswerteren Lebensmitteln in Bioqualität bzw. aus der Region. Denn durch Lebensmittelkooperativen können hochwertige Produkte günstig von Erzeugerinnen und Erzeugern direkt bezogen werden.

Gemeinsam leben – vom Ich zum Wir.

Mit einer vielfältigen Hausbewohnendenschaft soll das Zusammenleben und -wohnen und ggf. auch –arbeiten gemeinschaftlich und solidarisch gestaltet werden. Öffentliche Räume sollen gleichzeitig das Quartier animieren und aktivieren, um ihren Stadtteil wahrzunehmen und lebenswert zu gestalten. Das dauerhafte Bewohnen des Gebäudes soll einen niedrigschwelligen Zugang zum nachbarschaftlichen Umfeld ermöglichen. Das Konzept des Gebäudes wird generations- und kulturübergreifend und in einem aktiven Quartiersbezug gedacht. Das barrierefrei auszubauende Erdgeschoss soll Menschen mit besonderen Fähigkeiten und solchen mit Kinderwägen und Rollstühlen die Partizipation an möglichst vielen Angeboten ermöglichen.

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